the next story book
22/23 w e v i s i t e d s m i t h a t t h e b o r o u g h m a r k e t to market we go Unser nächster Halt führt uns zu einem Markt der Superlative. Er ist so alt, dass es Historikern heute schwerfällt, seine Anfänge ganz exakt zu datieren. Manche meinen, dass schon römische Legionäre hier an den Ufern der Themse ihre Nüsse gekauft haben. Erste, ernst zu nehmende, Aufzeichnungen reichen bis ins Jahr 1276 zurück. Wir sprechen vom legendären Borough Market im Herzen Londons. Weil sich die aufstrebende Stadt im 18. Jahrhundert mit ihrem immer größer werdenden Anspruch an Mobilität durch die Wirren des Marktes behindert sah, musste dieser sagenumwobene Ort für einige Zeit seine Pforten schließen und wurde später verkehrsbedingt umgesiedelt. Hier ging es nämlich nicht immer so geordnet zu: Bevor Kühlung die Haltbarmachung von Fleisch ermöglichte, waren neben den emsigen Marktbetrei- bern und -besuchern auch Ziegen und Kühe ein lebendiger Teil des Geschehens. Wenn man die Eingangs- halle heute betritt, spürt man schnell die Anziehungskraft dieses Ortes. Hier reiht sich ein delikater Sin- neseindruck an den nächsten und man wird förmlich hineingesaugt. Um diesen Mikrokosmos am Fuße der London Bridge adäquat zu erkunden, steht uns Ed Smith zur Seite. Er kennt sich hier bes- tens aus, denn der ausgebildete Koch und erfolgreiche Food-Jour- nalist hat ein ganzes Buch über diesen Markt geschrieben: „The Borough Market Cookbook“. Our next stop takes us to a market of superlatives. It is so old that present-day historians struggle to determine how far back it actually dates. Some people believe that even Roman legionaries used to buy their nuts on the banks of the Thames here. The first credible records date back to the year 1276. We are talking about the legendary Borough Market in the heart of London. In the 18th century, when the hustle and bustle of the market was seen as hindering the emerging city with its ever-growing demand for mobility, this legendary place had to close its doors for a while before later re-opening in a new home due to traffic. Things weren’t always as well-ordered here as today: before meat could be preserved through refrigeration, the bustling market operators and visitors were also joined by goats and cows – a lively addition. On stepping into the entrance hall today, you can quickly feel the market’s draw. One exquisite sensory experience follows the next and you are quite simply sucked in. Ed Smith, a trained chef and successful food journalist, is here to help us adequately explore this microcosm at the foot of the London Bridge. He knows the market extremely well as he wrote an entire book on it: “The Borough Market Cookbook”. Ruby Goss: Zuvor warst du als An- walt tätig: Gab es einen Schlüssel moment, an dem du dich entschieden hast, einen anderen Weg einzu- schlagen und dich voll und ganz dem Kochen zu widmen? Ed Smith: Ja! Zu dieser Zeit habe ich als Anwalt für finanzielle Streitigkeiten in einer großen, internationalen Kanzlei gearbeitet, die im Übrigen auch in Deutschland stark vertreten ist. Im Jahr 2010 habe ich, parallel zu meinem sehr fordernden Job als Anwalt, begonnen, einen Food Blog zu schreiben. Damals stand für mich außer Frage, dass das Schreiben nur ein Hobby, ein kreatives Ventil, ist. Durch den Blog hatte ich die Möglichkeit, in meiner Freizeit Dinge zu tun, die ich liebte: Restaurants zu ent- decken und auch selbst in der Küche zu stehen. Den Moment, an dem ich mich entschlossen habe, mich voll und ganz dem Kochen zu widmen, habe ich lebhaft vor Augen: an diesem Tag kam ich erst gegen Mitternacht von der Arbeit nach Hause und schrieb anschließend noch bis 2 oder 3 Uhr nachts an einem Artikel. Auf einmal fragte ich mich, warum ich das eigentlich mache – ich musste ja in wenigen Stunden wieder auf der Arbeit sein – und warum ich nicht in der Foodbranche arbeite. Zu dieser Zeit hatte ich keine Verpflichtungen, weder Kinder noch Kredit. Also sagte ich mir: wenn ich es jetzt nicht wage, werde ich es niemals wagen! RG: Wo hast du deine Kochausbil- dung absolviert? ES: Ich habe eine traditionelle Schule in London besucht, das Westminster Cate- ring College, und in einigen Restaurants gearbeitet. RG: Nachdem du in Restaurantküchen gearbeitet hast, widmest du dich jetzt ganztägig dem Schreiben deines Blogs. Wie ist es zu diesem Wechsel gekommen? ES: Ich hatte niemals die Absicht, Autor zu werden – als ich mit der Juristerei aufgehört habe, dachte ich daran, eine Restaurantkette, eine Kochschule, ein Cateringunternehmen oder etwas Ähnliches auf die Beine zu stellen. Aber nach ein paar Jahren, in denen ich alles Mögliche ausprobiert habe, habe ich verstanden, dass mein zentrales Interesse der Entwicklung von Rezepten, dem Schreiben von Kochbüchern und dem Zusammentragen und Dokumentieren der besten Köpfe im Foodbereich gilt – egal ob Erzeuger, Restaurants oder Kunden. RG: Dein erstes Kochbuch „On the Side“ wurde 2017 veröffentlicht – wie würdest du deine Art zu kochen beschreiben? ES: Ich verstehe „On the Side” als eine Art Nachschlagewerk – das Buch ist eine Inspirationsquelle für Beilagen, um die herum man das Gericht konzipieren kann. Gleichzeitig ist es ein Verzeichnis, das Antworten auf die Frage liefert, was zu dem geplanten Rezept passt. Außerdem gilt es, zu zeigen, dass man ein Gericht mit wenigen Mitteln noch eindrucksvoller und schmackhafter machen kann. Ich glaube, dieser Ansatz spiegelt auch meine Art zu kochen wider: einfache, aber raffinierte Rezepte. RG: Dein zweites Buch handelt von Londons ältestem Markt, dem renom- mierten Borough Market. Warum ist dieser dein Lieblingsmarkt? ES: Der Borough Market ist ein Tauben- schlag voller wunderbarer Händler, die sich dem Verkauf der besten saisonalen und nachhhaltig hergestellten Produkte und Spezialitäten verschrieben haben. Er ist eine Top-Adresse für regionale Lebensmittel aus London, Großbritannien und Europa – und noch dazu liegt der Markt sehr zentral. RG: Hast du einen Lieblingsstand? ES: Ich weiß nicht, ob ich hierzu etwas sagen sollte! Ich habe zahlreiche Favo- riten, aber bei Ständen wie De Calabria – der sich auf Spezialitäten wie ‘Nduja, Olivenöl und weitere Spezialitäten aus Kalabrien spezialisiert hat – Oliveology (ein griechischer Importeur) und Mons Cheese (französischer Käse direkt vom Erzeuger) schlage ich gerne zu. RG: Für wen kochst du am liebsten – für dich selbst, für die Familie oder für Freunde? ES: Ich teste laufend Rezepte, daher koche ich selten dasselbe. Aber um ein Stereotyp zu bedienen: ich schätze den geselligen Sonntagsbraten sehr. RG: Was ist deiner Meinung nach ein absolutes Muss, ein englischer Klassiker? ES: Eine Pastete mit einem Teig auf Basis von Rindernierenfett. Wenn man London besucht, dann sind Restaurants wie St. John, The Marksman oder The Anchor and Hope sehr gute Adressen. RG: Gibt es auf der Welt einen spezi- ellen Markt, den du unbedingt sehen oder nochmals besuchen möchtest? ES: Der Tsukiji-Fischmarkt in Tokio war unglaublich spannend – diesem würde ich gerne wieder einen Besuch abstatten. Ruby Goss: You were previously a lawyer: Was there a key moment in particular when you decided that you would change paths to dedicate yourself entirely to your passion for cooking? ES: Yes. I was a financial disputes solicitor at a large international firm – in fact one with a strong German presence. I started to write a food blog in 2010 while still working (very hard) as a lawyer. It was very definitely purely a hobby and a creative outlet; a reason to make sure that when I had free time I did actually do the things I loved: eating in restaurants and cooking. I vividly remember the turning point when I got home from work about midnight and started writing a blog until 2 or 3 a.m., and just stopped and thought why am I doing this? I have to be at work again soon …maybe I’d rather work in food than law. I didn’t have any obliga- tions at the time (no kids or mortgage) and just thought if not now then when? There were lots of factors, of course, but this was the moment. RG: Where did you complete your cook- ing training? ES: I went to a very classic school in London called Westminster Kingsway Ca- tering College. Also various restaurants. RG: After working in restaurant kitch- ens, you now write full-time, how did this change come about ? ES: I never planned to be a writer – when I left law I thought I would set up a restaurant group, cookery school, catering business or similar. But after a couple of years of doing everything I could, I realised that ultimately what I like most is recipe development, cookbook writing, and documenting the best people across the food industry – wether farmers, restaurants or customers. RG: Your first cookbook ‘On the Side’ was published in 2017 – how would you describe your cooking style? ES: I like to think that ‘On the Side’ is a bit of a manual – it’s a ‘sourcebook of inspirational side dishes’ either to base your meal around, or via directories at the back to provide answers as to what will go well with the centrepiece you’ve got planned. So it’s to help others eat better meals without having had to do the think- ing (because I’ve done it for them), and to show that it doesn’t take a great deal to make food more impressive and better tasting. I guess that reflects the food I do cook too: it’s easy but thoughtful home cooking, incorporating good produce, global techniques and flavours, and ulti- mately the minimum effort for maximum results. RG: Your second book is about London’s ‘oldest’ and renowned market: Borough Market. Why is it your favourite market? ES: Borough Market is a warren of fan- tastic traders, who specialise in the best seasonal and sustainably farmed produce and speciality ingredients. It’s brilliant for food that’s local to London, to the UK, and also across Europe – and it’s so central, too. RG: Do you have a favourite stall at the market? ES: Don’t think I’m allowed to say! I have many favourites, and it kind of depends what I’m after. But stalls like De Calabria (who specialise in things like ‘Nduja, olive oils and other treats from Calabria), Oliveology (a Greek importer) and Mons Cheese (French farmhouse cheeses) often get a good portion of my earnings. RG: What you most enjoy cooking for yourself, for family, or when friends come over? ES: I’m always recipe testing, so there’s not much repetition, unfortunately. But to stick with stereotype, I do like a convivial Sunday roast. RG: What, in your opinion, is a must-try, classic English dish? ES: A suet-pastry topped pie. If you’re ever in London, restaurants like St John, The Marksman and The Anchor and Hope are very good at these. RG: Is there a particular market in the world that you really want to visit or perhaps return to? ES: Tsukiji fish market in Tokyo was amazing – so I’d like to return and pay that a visit. interview with ed smith discover more on eds blog: rocketandsquash.com i
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